Über Uns
Im Frühjahr 2020, quasi in Quarantäne am Nußberg, verfangen in den Gedankenspiralen aus Ungewissheit, Bergamo-Bildern, in dem Bedürfnis nach einer Perspektive, im Kleinen, wie im Großen, in dem Bedürfnis nach Kommunikation, nach Zeit für künstlerische Betätigung und Vorbereitung, die plötzlich nicht mehr da ist, auch, weil man ein Kind vor der uns alle betreffenden Krise beschützen will, da spendeten lange Spaziergänge in den Weinbergen, entlang des Eroica-Weges immer, und immer aufs Neue, Trost. Und irgendwann, während der Arzt-Mann ins nicht auf die Pandemie vorbereite Spital ging, um seinen Beitrag zu leisten, auf diesen täglich mit Kind und Hund gegangenen Wegen, war plötzlich Beethoven mit dabei – zuerst als Sehnsucht nach Klang, als Freude am Musikmachen in Gesellschaft, dann aber immer mehr als universales Leitbild einer Menschheit, die eine Krise zu überstehen, zu überwinden hat. Sein Heiligenstädter Testament, einen Steinwurf entfernt verfasst, aber nie abgeschickt, sein Lebensweg, den er ab dieser Krise gegangen ist und uns dadurch die größten, wahrhaft zeitlosen Werke hinterlassen hat, wurde für mich zum Wegweiser, eine Möglichkeit zu finden, trotz aller Hindernisse Kunst zu schaffen und sie dann einem interessierten Publikum mitzuteilen.
Und wie auf dem Serviertablett lieferte dieser innige Wunsch das fertig geformte Bild des eigenen, erklingenden Gartens eines ehemaligen Weinbergs, der vor Jahrzehnten terrassiert und über Nacht zum erwünschten Amphitheater wurde.
Der Arzt-Mann meinte, dass sein tägliches Bemühen, Leben zu retten und zu verlängern, erst dann einen Sinn ergibt, wenn Lebenszeit auch mit Inhalt erfüllt ist – und was könnte die sich aneinanderreihenden, scheinbar zufälligen Lebensmomente mehr zu einem Ganzen zusammenbinden, als die Kunst. So wurde er zum großzügigen Gastgeber und Ermöglicher einer Idee, die im Sommer 2020 in zehn wunderbaren Kunstabenden verwirklicht werden konnte, drei davon waren den wahren Helden dieser Krise gewidmet, den Kindern.
Nachdem ein kunstliebender Anwalt die Covid-Bestimmungen für uns geklärt hatte, fragte ich Michael Dangl, ob er sich vorstellen könnte, auch für vermutlich nur wenige Gäste ein Beethoven-Programm in unserem Nussberg-Garten zu gestalten – die spontane Antwort war ein klares Ja, und so fand am 30.5.2020 der erste „PostLockdown- Kulturabend“ Österreichs statt, mit Beethoven in der „Hauptrolle“. Michael las aus seinen Briefen, Tagebüchern, aus dem Heiligenstädter Testament, und ich spielte seine „Eroica Variationen“ und Bagatellen op.33, Stücke, die in unmittelbaren Nähe und in der Zeit von Beethovens Lebenskrise entstanden sind.
Mühelos fügte sich Stein auf Stein, und es ergaben sich weitere wunderbare Begegnungen von Wort, Musik und Publikum – das wir allerdings limitieren mussten, weil wir uns an die zugelassene Höchstzahl an Gäste zu halten hatten. Wir waren bis zum letzten erlaubten Sessel ausgebucht und hätten noch ungezählte dazu stellen können, so groß war die Nachfrage, besser, so groß war das Bedürfnis nach Kunst. Mehr als großen Dank an meine lieben Schauspielerfreunde Michael Dangl, Martin Schwab, Cornelius Obonya, Boris Eder, den Schriftsteller Dietmar Grieser, den Komponisten Shih, an meine lieben, hochgeschätzten Musikerfreunde Rainer Honeck, Siegfried Schenner, Adrian Eröd und dank dem Artis Quartett, den Ballettsolistinnen Mila Schmidt, Tainá Brugner-Luiz, dem Balltettsolisten László Benedek, die alle, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, auf ein Honorar verzichteten und ohne die diese denkwürdigen Kunstereignisse niemals hätten stattfinden können. Sie haben wie selbstverständlich ihren kulturellen Beitrag in Zeiten der Krise geleistet und unser mehr als dankbares Publikum verzaubert, vielleicht sogar ermutigt, und ich darf, an Wunder glaubend, an wunder-schöne Sommerabende mit schönster Literatur und Musik zurückdenken – und freue mich darauf, dass die Kunst am Nussberg in die zweite Saison gehen wird, und Ludwig van Beethoven ist dabei!
Ihre Anika Vavic